Vortrag auf dem 10. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Ästhetik, Offenbach am Main, 16.02.2018
“Die Problematisierung des Verhältnisses und der Grenze zwischen Kunst und Design, ihrer Differenz und ihrer vielfältigen Austauschverhältnisse ist so alt wie die modernen Begriffe von Kunst und Design selbst. Ich stelle dies an den Anfang meines Vortrags, da es mir folgenden gerade nicht um historische Phänomene, sondern um Beispiele aus der jüngeren Gegenwart und insbesondere der Gegenwartskunst geht. Würde man die künstlerischen Praktiken der Gegenwart, die sich auf das Design hin entgrenzen oder die Grenze zum Design hin überschreiten, in historischer Perspektive kontextualisieren, so würden sie als Teil einer fortdauernden Geschichte der bildenden Kunst erscheinen, die im Namen einer Überwindung ihrer ästhetischen Negativität in unmittelbar funktionale Zusammenhänge und lebensweltliche Gestaltungsprozesse sich aufzulösen versucht.
Von Interesse erscheint mir im folgenden eine in dieser Entgrenzungsbewegung eingeschlossene politische Perspektive. Die künstlerischen Phänomene der Gegenwartskunst, die sich in ein Verhältnis zum Design setzen, situieren sich häufig nicht nur vor dem Hintergrund politischer Ansprüche, sondern auch im Horizont einer Utopie. Die Vorstellung nicht-entfremdeter Welten durch eine lebensweltliche Gestaltung gewordene Kunst – gleichwie mikrotopisch diese Welten sein mögen – ist gleichwohl umstritten, streitbar und selbst Gegenstand einer kritischen Reflexion der Kunst. Nun haben Entgrenzungsphänomene in der Kunst – um mit einer Bestandsaufnahme zu beginnen – seit den 1990er und frühen 2000er Jahren zweifellos einen herausragenden Stellenwert erlangt. Man kann diesen Befund durch unzählige Beispiele stützen. Sie realisieren sich aus unterschiedlichen Perspektiven und künstlerischen Selbstverständnissen heraus bei Künstler_innen wie Tobias Rehberger, dem Kollektiv Superflex, bei Liam Gillick, Olafur Eliasson, Andrea Zittel oder Jorge Pardo. Und sie werden selbst Gegenstand einer kritischen Reflexion bei Künstler_innen wie Sarah Morris oder Martin Beck.”